Stromtrassen optimieren

Eine optimierte „Stromautobahn“, die elektrische Energie zuverlässig und effizient über weite Strecken transportiert – am besten noch unter der Erde verlegt? Neue Fernübertragungstechnologien sind wichtig für die zukünftige Energieversorgung, müssen jedoch erst noch erforscht werden.

Motivation

In der Vergangenheit wurde elektrische Energie in Deutschland zum überwiegenden Teil von großen Kraftwerken in der Nähe der Ballungszentren und der großen Stromverbraucher produziert. Das Stromnetz steht nun vor großen Herausforderungen, da durch den zunehmenden Anteil von regenerativ erzeugtem Strom große Strommengen über weite Strecken transportiert werden müssen. So können beispielsweise in Deutschland Off-Shore-Windparks im Norden deutlich mehr Strom produzieren als Windparks im Süden, während dort Verbrauchsschwerpunkte liegen.

Ein optimiertes Übertragungsnetz, das als „Stromautobahn“ die elektrische Energie zuverlässig und effizient über weite Strecken transportiert, kann Schwankungen in Erzeugung und Verbrauch erheblich besser ausgleichen als ein regionales Netz, und kann so dazu beitragen, dass weniger Windparks und Solaranlagen installiert werden müssen und die Stromversorgung ausfallsicher bleibt.

Erdverlegte Kabel als Alternative zu Überlandleitungen werden von der Politik und in der Bevölkerung favorisiert. Mit der bestehenden Wechselstromtechnik ist eine unterirdische Leitungsführung über lange Strecken technisch und wirtschaftlich jedoch kaum zu realisieren. Daher müssen neue Fernübertragungstechnologien erforscht werden, um die zukünftige Energieversorgung Deutschlands sicherzustellen.

Forschung

  • Entwicklung von technologischen Komponenten, Systemen und Betriebsstrategien für die effiziente Hochspannungsübertragung (Gleichstrom und Wechselstrom).
  • Konzepte für die Stabilität des Stromsystems bei einem wachsenden Anteil volatiler, dezentral eingespeister Energie aus erneuerbaren Quellen einerseits und neuen Verbrauchern wie Elektromobilität und einer strombasierten Wärmeversorgung andererseits.
  • Optimierung des Energiemanagements zur effizienten und wirtschaftlichen Nutzung der Betriebsmittel.

Ausgewählte Projekte und Versuchsfelder

Fermi Level Engineering Antiferroelektrischer Materialien für Energiespeicher und Isolatoren

Im LOEWE Schwerpunkt „FLAME – Fermi Level Engineering Antiferroelektrischer Materialien für Energiespeicher und Isolatoren“ wird erforscht, wie sich die Eigenschaften von Funktionsmaterialien über deren elektronische Struktur einstellen lassen. Zwölf Arbeitsgruppen aus den Fachbereichen Material- und Geowissenschaften, Chemie sowie Elektrotechnik und Informationstechnik werden bleifreie Antiferroelektrika für Kondensatoren mit hoher Energie- und Leistungsdichte sowie für Hochspannungsisolatoren entwickeln. Diese ermöglichen eine effizientere Wandlung und Übertragung elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen und in der Elektromobilität. Die Tongji-Universität in Shanghai ist ebenfalls in das Projekt eingebunden.

Der auf andere Materialien und Anwendungsbereiche übertragbare Forschungsansatz basiert darauf, optimierte elektronische Strukturen und Defektgleichgewichte einzustellen („Fermi Level Engineering“), die mit Computersimulationen vorhergesagt und experimentell verwirklicht werden. Das ermöglicht eine zielgenaue Einstellung der Eigenschaften bei verkürzten Entwicklungszeiten.

Das Projekt wird vom Land Hessen im Rahmen der 11ten Staffel der LOEWE Initiative von Januar 2019 bis Dezember 2022 gefördert.

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In einer Forschungskooperation zwischen den Fachgebieten Angewandte Geothermie und Hochspannungstechnik der TU Darmstadt sowie einem bayerischen Verteilnetzbetreiber entstand ein Versuchsfeld, in dem erdverlegte Kabel für die Übertragung von elektrischer Energie im Mittel- und Niederspannungsbereich auf ihre thermische Stromtragfähigkeit untersucht werden können.

Um den Einfluss von Umweltbedingungen auf die Kabelbelastbarkeiten zu quantifizieren, wurde 2013 auf dem Gelände der TU Darmstadt das Erdkabeltestfeld errichtet. Es ist bei einer Gesamtlänge von 14 m und 6 m Breite in vier hydraulisch und thermisch voneinander entkoppelte Sektoren mit jeweils 3,5 m Länge aufgeteilt, in denen Mittel- und Niederspannungskabel in Schluff, Sand, Ton und eine Flüssigbodenbettung gebettet wurden. Die Veränderungen der thermischen und hydraulischen Verhältnisse im Testfeld werden durch zahlreiche Sensoren erfasst. Dieser Feldversuch erlaubt es, verschiedene Kabel und Kabelanordnungen in den genannten Bettungs- und Bodentypen unter natürlichen Bedingungen zu untersuchen.

Bei der Übertragung elektrischer Energie durch erdverlegte Kabel, werden die elektrischen Verluste in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben, was eine Erhöhung der Temperatur des Leiters zur Folge hat. Da letztere beschränkt und direkt proportional zum Leiterstrom ist, bildet die sogenannte thermische Stromtragfähigkeit eine wichtige Grenze der Übertragungskapazität von Kabeltrassen. Durch die Anpassung der Grenzwerte an die tatsächlichen Belastungsgrenzen soll der Ausbaubedarf von Erdkabeln, der durch den Anschluss von dezentralen Erzeugungsanlagen im Verteilnetz besteht, verringert und so die Kosten der Energiewende gesenkt werden.

Die Ergebnisse der Feldstudien, Laboruntersuchungen und numerischer Modelle bilden die Grundlage eines Berechnung-Tools, das den Netzbetreibern zukünftig in Echtzeit die mögliche Belastbarkeit anzeigen soll.

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Weltweit erstmalig wird in einem Hochspannungs-Testfeld eine erdverlegte gasisolierte 500 kV-Hochspannungs-Gleichstromleitung (HVDC-GIL) einem mindestens einjährigen Langzeitversuch unter realistischen Betriebsbedingungen unterzogen. Diese neue Technologie stellt eine weitere, kompakte Alternative zu Freileitungen und Erdkabeln für den Transport elektrischer Energie dar und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien, beispielsweise bei der Realisierung der in Deutschland erforderlichen Nord-Süd-Stromtrassen.

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„Verlängerungskabel für die Energiewende“