Die Batterie an den richtigen Stellen auftanken

Projekt zur Ladeinfrastruktur im elektrisch betriebenen Nahverker

2021/04/08 von

Wie muss die Ladeinfrastruktur eines künftig elektrisch betriebenen Nahverkehrs beschaffen sein? Ein Team aus dem Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt hat ein Optimierungstool dafür entwickelt. Rückenwind bekam das Projekt aus dem „Pioneer Fund“, dem gemeinsamen Innovationsförderprogramm der TU Darmstadt und des ENTEGA NATURpur Instituts GmbH.

Voraussetzung für den reibungslosen Einsatz von Elektrobussen sind eine effektive Ladeinfrastruktur und ein optimierter Betriebsablauf.

Um das Klima zu schonen und die Lärmbelastung in den Städten zu senken, werden immer mehr Fahrzeuge im öffentlichen Nahverkehr mit staatlicher Förderung auf Elektroantrieb umgestellt. Auch das Darmstädter Verkehrsunternehmen HEAG mobilo will bis 2025 auf allen eigenen Buslinien Elektrobusse einsetzen und 80 elektrisch betriebene Fahrzeuge anschaffen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine effektive Ladeinfrastruktur und ein optimierter Betriebsablauf. Hierbei unterstützen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Fachbereichs Maschinenbau der TU Darmstadt.

Wie muss der Fahrplan gestaltet werden, welche Strecken können die Busse mit Batterie zurücklegen, welche Fahrzeuge sollten eingesetzt und an welchen Standorten des Streckennetzes können Ladestationen platziert werden? Fragen, mit denen sich Benjamin Blat Belmonte, Doktorand am Institut für Mechatronische Systeme im Maschinenbau, ein Jahr lang befasst hat.

Im Projekt Flexibel einsetzbares Dimensionierungstool für die Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeugflotten des Pioneer Fund entwickelte der 26-Jährige in Kooperation mit der HEAG mobilo und dem Energieversorger ENTEGA eine spezielle Software. Ein Optimierungsprogramm, das unter anderem die Ladestandorte herausarbeitet, an denen Busse am kostengünstigsten neue Energie auftanken, und das ermittelt, wie diese Batteriepausen zeitlich am besten in den Fahrplan eingepasst werden können. Berechnen lässt sich damit auch, welchen Verbrauch die Fahrzeuge bei welcher Geschwindigkeit haben und welche Strecken mit der Batterieleistung zurückgelegt werden können.

Neue Konzepte für eine schnellere Umsetzung der Elektromobilität sind gerade im öffentlichen Nahverkehr sehr wichtig. Innovationen aus der Forschung, wie sie an der TU Darmstadt entwickelt werden, müssen dafür schneller in die Praxis umgesetzt werden. Es freut mich daher besonders, dass wir mit dem Pioneer Fund ein Instrument haben, mit dem die Brücke zwischen Forschung und Praxis geschlagen werden kann. Dieses Instrument sollten wir gemeinsam weiterentwickeln. (Professor Jens Schneider, Vizepräsident der TU Darmstadt für Transfer und Internationalisierung)

Um authentische Einblicke in Betriebsabläufe und Fahrzeugflotte zu nehmen, fuhr Benjamin Blat Belmonte dafür selbst einige der Busstrecken ab und platzierte GPS-Sender, um möglichst viele reale Daten für die Software zu sammeln. „Das ist wichtig für den Entwickler vor dem PC“, sagt der Maschinenbau-Doktorand. Herausgekommen ist noch kein industriereifes Produkt, betont er, aber eine Grundstruktur für ein Optimierungsprogramm, das breit eingesetzt werden kann.

„Wir haben die Architektur dafür erarbeitet“, sagt er. Die realen Daten des Pioneer Fund-Projekte haben geholfen, „unsere Lösung zu validieren“, so Blat Belmonte. Angewendet und weiterentwickelt werden kann das Tool für künftig, ähnliche Problemstellungen. Folgeprojekte werden sicherlich kommen. Vergleichbare Umstellungen auf Elektrobetrieb werden in der Zukunft auch bei Logistikunternehmen oder Entsorgungsbetrieben anstehen, woraus sich ein zunehmender Bedarf an optimierten Betriebs- und Infrastruktur-Konzeptionen ergibt.

Die Umstellung auf E-Busse ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz des Klimas. Denn rund ein Fünftel der CO2-Emissionen in Deutschland verursacht der Verkehr. ENTEGA hat im Stromnetz die Voraussetzung geschaffen, das Projekt umzusetzen. (Dr. Marie-Luise Wolff, Vorstandsvorsitzende Vorsitzende des Vorstands ENTEGA AG)

Wir sind stolz darauf, dass wir mit dem Pioneer Fund zur Lösung gesellschaftsrelevanter Herausforderungen beitragen können. Insbesondere in den frühen Phasen der Entwicklung, Validierung und Verwertung leisten wir einen wertvollen Beitrag und schließen die Lücke zu öffentlichen und privat finanzierten Programmen. Wie in diesem Projekt gelingt uns oftmals die erfolgreiche Überführung von wissenschaftlichen Ergebnissen in die praktische Anwendung. (Harald Holzer, Geschäftsführer von HIGHEST)

Pioneer Fund

Der Pioneer Fund leistet einen wichtigen Beitrag zum Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der TU Darmstadt in Wirtschaft und Gesellschaft. HIGHEST fördert zusammen mit dem Partner ENTEGA NATURpur Innovationen in einer sehr frühen Phase und steigert somit die Innovationsfähigkeit der TU Darmstadt.

Viele der geförderten Projekte begleiten HIGHEST zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Weg zu öffentlichen Förderungen, wie z.B. EXIST, oder in Ausgründungen. HIGHEST managt den Fund und koordiniert sämtliche Aktivitäten während der gesamten Antrags- und Förderungsphase. Die Entscheidungen zur Förderung trifft eine Kommission, die paritätisch aus jeweils vier Vertretern der ENTEGA AG und der TU Darmstadt besetzt ist. Das hier vorgestellte Projekt lief im Rahmen der Förderlinie „Booster“, welche die Bearbeitung aktueller praxisrelevanter Fragestellungen unterstützt.